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03.07.2024, 23:07 Uhr

Jahresbilanz zum Gleichbehandlungsgesetz

  • 17.08.2007
  • Allgemein

Seit nunmehr einem Jahr ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Kraft. Die Bilanz von Gewerkschaftsseite ist positiv. Arbeitgeberpräsident Hundt kritisiert die damit verbundenen Kosten und bürokratischen Aufwand.

Das seit 18. August 2006 geltende AGG soll Benachteiligungen von Arbeitnehmern aufgrund der Herkunft, des Geschlechts, der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verhindern. Neu ist daran vor allem, dass die Beweislast nun beim Arbeitgeber liegt. Und genau das macht das neue Gesetz für Arbeitnehmer so wertvoll. Früher musste man eine Diskriminierung haarklein nachweisen können. Nun muss der Arbeitgeber belegen, dass er alle gleich behandelt.

Kosten des AGG

Das ist den Arbeitgebern natürlich ein Dorn im Auge: "Dieser ständige Rechtfertigungsdruck führt sogar so weit, dass Unternehmen so genannte AGG-Versicherungspolicen abschließen, um sich vor Abzockern zu schützen," kritisiert Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt. Rechtsunsicherheit und unnötige Bürokratie - so Hundt – lasse auch an der zunehmenden Zahl von Verfahren vor den deutschen Arbeitsgerichten ablesen. Allerdings: Die erwartete Klagewelle blieb aus, die Zahl der Prozesse bewegt sich in einem überschaubaren Rahmen. "In der Regel wird versucht, eine außergerichtliche Lösung zu finden," meint die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ingrid Sehrbrock. Ohnehin entfällt ein guter Teil der Kosten, die das Gleichbehandlungsgesetz mit sich bringe, auf einmalige Schulungen, die zur Einführung des Gesetzes notwendig geworden sind. Nach einer Umfrage der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) liegen die Gesamtkosten bei 1,7 Milliarden Euro. 532 Millionen Euro davon für Schulungen. Rund 600 Millionen Euro geben die befragten Unternehmen für "Strategie" aus, wobei unklar ist, ob diese Kosten tatsächlich durch die Einführung des AGG notwendig geworden sind, kritisiert der DGB.

"Sensibilität für Benachteiligungen gewachsen"

Eigentlich ist das zunächst heftig diskutierte AGG nichts anderes als eine konsequente Umsetzung des Grundgesetzes. Denn in Artikel 3, Absatz 3 steht: " Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ Das Anti-Diskriminierungsgesetz gibt den Arbeitnehmern lediglich die Möglichkeit, diese Grundsätze auch in Bezug auf ihr Beschäftigungsverhältnis gegenüber dem Arbeitgeber besser geltend machen zu können.

Dass diese Klagen nicht wie von Hundt befürchtet von Abzockern kommen, sondern von der großen Gruppe von Arbeitnehmern und vor allem Arbeitnehmerinnen, die tatsächlich benachteiligt werden, beweisen erste Urteile. Beim Landesarbeitsgericht Hamburg etwa verhalf das neue Gesetz der Sammelklage eines Betriebsrates zum Erfolg. Ein Logistikunternehmen verpflichtete sich vor Gericht, die Entgeltdifferenz zwischen Frauen und Männern von 300 Euro im Monat bei gleicher Arbeit zu beseitigen. Und auch die Chancen, dass eine solche Diskriminierung in Zukunft seltener stattfindet, sind mit der Einführung des AGG gestiegen. „Die Sensibilität in den Unternehmen für Benachteiligungen ist gewachsen,“ so stellvertretende DGB-Vorsitzende Ingrid Sehrbrock. „Und genau das sollte erreicht werden“.

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