Siemens Dialog
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03.07.2024, 23:07 Uhr

Qualifikationsreihe „Investition und Innovation“ angelaufen

  • 03.05.2012
  • Allgemein

Mit hohen Erwartungen sind die ersten Siemens-Betriebsräte aus neun Standorten vom 18. bis 20. April 2012 in die neue Betriebsratsqualifizierung „Standort- und Beschäftigungssicherung durch Investition und Innovation“ gegangen. Sie wurden nicht enttäuscht, die ersten Rückmeldungen sind positiv.

Seminarbewertung der TeilnehmerInnen

Dorothea Simon, stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Healthcare Erlangen/Forchheim/Heidelberg

Mit professioneller Begleitung der Referenten des IMU-Instituts setzten sich 16 TeilnehmerInnen an drei Schulungstagen intensiv mit betriebswirtschaftlichen Grundlagen, relevanten Kennzahlen und qualitativen Bewertungskriterien auseinander. Im Mittelpunkt standen dabei die Fragen: Wie erkennen Betriebsräte rechtzeitig, ob der eigene Standort zukunftsfähig aufgestellt ist und durch Investitionen und Innovationen Beschäftigung und gute Arbeitsbedingungen dauerhaft gesichert sind? Welche Informationen benötigen sie, wie kommen sie an diese heran, wie lassen sie sich interpretieren und welche Schlussfolgerungen lassen sich daraus ableiten?

Wir sprachen im Nachgang des ersten Moduls mit Dorothea Simon, stellvertretende Betriebsratsvorsitzende von Siemens Healthcare Erlangen/Forchheim/Heidelberg und Kandidatin der IG Metall-Liste für die bevorstehenden Aufsichtsratswahlen, über ihre Erwartungen und Eindrücke an das Seminar.

Doro, warum ist das Thema „Investition und Innovation“ aus Eurer Sicht ein strategisches Handlungsfeld und welche Aspekte sind dabei besonders relevant?

Aus Sicht eines Betriebsrates ist das Thema besonders wichtig, weil es in letzter Konsequenz auch der Erhaltung der Arbeitsplätze für unsere Kolleginnen und Kollegen dient. Ein innovativer Betrieb, der Trends setzt, wird sich am Markt eher behaupten können als ein Betrieb, der dem Trend hinterherläuft. Außerdem ist ein erfolgreicher Marktführer für gut ausgebildete Fachleute auch als Arbeitgeber attraktiver. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels nicht ganz unwichtig.

Ähnlich verhält es sich mit den Investitionen am Standort. Diese sind für den Betriebsrat mindestens ein Indikator dafür, ob der Arbeitgeber am Standort festhält. Und sie können dazu beitragen Arbeitsplätze attraktiver zu gestalten, sowohl im Büro-, als auch im Fertigungsumfeld. Sie können allerdings auch negative Auswirkungen auf die Beschäftigung haben, wenn beispielsweise neue Maschinen menschliche Arbeitskraft ersetzen. Dies muss der Betriebsrat rechtzeitig erkennen können, um mit dem Arbeitgeber über alternative Beschäftigungsmöglichkeiten und notwendige Qualifizierungsmaßnahmen verhandeln zu können.

Könntest Du uns aus dem Healthcare-Sektor praktische Beispiele nennen, die die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit Investitionen und Innovationen besonders deutlich machen?

Besonders am hart umkämpften Markt der Medizintechnik-Branche ist es wichtig, mit Innovationen zu punkten und Investitionen rechtzeitig vorzunehmen. Geht es hier doch letztendlich auch um die Gesundheit und das Leben von Menschen und darum Krankheiten früher zu entdecken, um Heilungschancen zu erhalten oder sogar zu erhöhen.
Ein aktuelles Beispiel aus unserem Umfeld ist dafür die Onkologie. Hier wurde in der Vergangenheit die Entscheidung getroffen das Geschäft in die USA zu verlagern. Dort wurde offensichtlich nicht innovativ genug gearbeitet. Man hat dann die Onkologie vor drei Jahren nach Deutschland zurückgeholt, aber es fehlte jetzt an einem Nachfolgeprodukt, welches am Markt bestehen kann. Man versuchte dann hier am Standort das Versäumte nachzuholen, doch trotz höchster Anstrengungen und unermüdlichem Einsatz besonders der Beschäftigten ist es nicht gelungen, aus eigener Kraft die Konkurrenz einzuholen. Das will man jetzt über eine Kooperation mit dem bisherigen Konkurrenten lösen. Für die Mitarbeiter/innen der Onkologie bedeutet das jedoch leider nicht, dass sie ihre bisherigen Jobs behalten. Zum Glück sind wir derzeit noch in der Lage die Mitarbeiter/innen größtenteils intern unterzubringen. Wir sehen aber an diesem Beispiel wie wichtig es ist, auch als Betriebsrat das Thema Innovation und Investition im Auge zu haben.

Der Komplex Investition und Innovation" ist in der betriebspolitischen Diskussion und Umsetzung für Betriebsräte alles andere als einfach zu bearbeiten. Mit welchen Erwartungen bist Du in das erste Modul der Schulung gegangen? Was hattest Du Dir für Eure Betriebsratsarbeit konkret davon versprochen?

Ich bin mit der Erwartung angetreten, zu sehen, was unter den Begriffen Innovation und Investition zu verstehen ist und welche Möglichkeiten sich für den Betriebsrat bieten, Einblicke zu bekommen und Einfluss zu nehmen. Wir möchten zukünftig mehr Informationen von der Firmenseite zu diesen Themen. Dazu müssen wir aber auch wissen, welche Fragen wir stellen müssen. Wenn wir dann Antworten bekommen, müssen wir diese auch bewerten und interpretieren können. Dazu muss man wissen, welche Stellschrauben welche Änderungen mit sich bringen können.

Jetzt ist das erste Modul - quasi der Pilot - gelaufen. Wie war Dein Eindruck, was hat es Dir im Hinblick auf Deine bzw. Eure Erwartungen und Erfordernisse gebracht? Würdest Du die Quali anderen Betriebsräten anderer Siemens-Betriebe empfehlen?

Ich würde das Seminar auf jeden Fall weiterempfehlen. Man kann sicherlich noch an der einen oder anderen Stelle „feilen". Schließlich waren wir ja sozusagen die Pioniere. Aber unsere Änderungsvorschläge wurden von den Seminarleitern aufgenommen. Meine Erwartungen wurden zum größten Teil erfüllt. Begriffe und Kennzahlen wurden geklärt, die Möglichkeiten des Betriebsrates erläutert. Beim Thema Interpretation von Entscheidungen der Firmenseite hätte ich mir noch ein wenig mehr Ausführlichkeit gewünscht. Letztlich kommt es aber wohl auch immer auf den Einzelfall und die Gesamtumstände vor Ort an. Und wir werden natürlich den zweiten Teil der Schulung - das Modul B - nutzen, um gerade an dieser Stelle noch ein Stück weiter zu kommen.

Was werden bei Euch am Standort die nächsten Schritte zu diesem Thema sein?

Um das Thema jetzt vor Ort voranzutreiben haben wir uns vorgenommen, das ganze Gremium mit einzubeziehen. Wir möchten die Fragen, die wir sozusagen als Gesprächsleitfaden und Kennziffern mitbekommen haben, künftig regelmäßig der Arbeitgeberseite stellen, soweit sie auf unseren Betrieb passen. Mit den Ergebnissen gehen wir dann im Herbst in den zweiten Teil des Seminars. Dann geht es an die Auswertung.

Unser Ziel wird es sein, künftig als Betriebsrat nicht nur zu reagieren, wenn die Firmenseite ihre Entscheidungen getroffen hat, sondern bereits im Vorfeld zu agieren und auch von dem Vorschlagsrecht des Betriebsrates gemäß Paragraph 92a Betriebsverfassungsgesetz, beispielsweise zum Investitionsprogrammen, Gebrauch zu machen.

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