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03.07.2024, 19:07 Uhr

ERA: T-Shirt für den Arbeitsdirektor

  • 05.12.2006
  • Allgemein

Der Protest der Sekretärinnen und Teamassistentinnen gegen als ungerecht empfundene ERA-Eingruppierungen fällt unter anderem in Erlangen stark auf, wo allein im Stammhaus weit über 500 Betroffene arbeiten. Von hier kommt auch Betriebsrätin und Gesamtbetriebsratsmitglied Uta Brenner, die das Thema auf der Betriebsräteversammlung in den Fokus rückte.

Bei Erlangen G werden die Besonderheiten der Gruppe der Sekretärinnen und Teamassistentinen (fast alle sind Frauen) im Vergleich zu den anderen einzugruppierenden Tätigkeiten besonders deutlich: 87 Prozent liegen nach dem derzeitigen Firmenvorschlag unter dem heutigen Tarifniveau, während dieser Anteil standortweit und tätigkeitsübergreifend bei 26 Prozent liegt. Für die Betroffenen macht diese Herabstufung durchschnittlich einen Unterschied von 660 Euro, in einigen Fällen bis zu 2.000 Euro(!) aus.

In einer Ansprache in Berlin vor der Betriebsräteversammlung und den Vertretern der Firmenleitung unter Führung von Arbeitsdirektor Jürgen Radomski sparte Uta Brenner nicht mit Kritik am Vorgehen bei der Eingruppierung. Nach ihrem Eindruck, den viele Betriebsbräte an anderen Standorten teilen, existieren trotz aller anderslautenden Versicherungen zentrale Vorgaben von CP. Demnach gibt es einen definierten Rahmen, "durch den anscheinend verhindert wird, dass die einzelne Arbeitsaufgabe vernünftig geprüft und beurteilt wird und die Möglichkeiten, die der Tarifvertrag bietet, genutzt werden." Daran kann offenbar auch der Wunsch einzelner Führungskräfte nach sachgerechter Eingruppierung  der Kolleginnen nichts ändern.

"Junge hungrige Mädels"

Bedenklich sind auch die Reaktionen mancher Führungskräfte auf den zunehmenden Widerstand der Betroffenen. Uta Brenner zitierte Aussagen wie "Ich würde sie ja gern unterstützen, aber ich darf nicht", "ich hatte keinen Einfluss auf Ihre Eingruppierung" und "ich kann Ihnen nicht helfen, wenden Sie sich an den Betriebsrat." Noch einen Schritt weiter geht der unverkennbare Versuch, den Protest mit Druck zu ersticken, der sich zuweilen hart an der Grenze der Legalität bewegt: "Gehen Sie bloß nicht zum Betriebsrat. Wenn Sie Einspruch erheben, kann die Eingruppierung noch mal abgesenkt werden"; "wenn es Ihnen nicht passt, suchen Sie sich doch einen anderen Job"; "in einem mittelständischen Unternehmen würden Sie noch weniger verdienen", sowie, gewissermaßen als Krönung: "Wenn Sie nicht mehr wollen, es stehen genügend junge hungrige Mädels vor der Tür." Und der Druck nimmt weiter zu, wie die Betriebsrätin feststellt: "Führungskräfte versuchen, wie es aussieht, gezielt, den Kolleginnen Fehler in ihrer Arbeit nachzuweisen."

Den offenen Widerspruch zwischen diesem Verhalten und dem offiziellen Streben nach "People Excellence" warf Brenner auch dem Arbeitsdirektor Dr. Radomski selbst vor: "Können denn Führungskräfte, die auf so hohem Niveau arbeiten wie bei uns, tatsächlich mit Sekretärinnen oder Assistenzkräften auskommen, die auf so niedrigem Niveau qualifiziert sind wie uns die Eingruppierungsvorschläge der Firma jetzt glauben machen wollen? Doch wohl kaum."

Um Siemens' obersten Personalchef "ein plastisches Bild davon zu vermitteln, wie sich die betroffenen Kolleginnen fühlen," hatten Sekretärinnen aus Erlangen die Betriebsrätin gebeten, diesem ein Mitbringsel zu überreichen. Unter dem Beifall der Betriebsräte überreichte sie ihm ein T-Shirt mit der Aufschrift "BERAUBT", denn so fühlen sich ihre Kolleginnen "durch die Eingruppierungsvorschläge der Firma, nicht durch den Tarifvertrag als solchen übrigens, denn wie wir glauben sie nicht, dass es Absicht der Tarifvertragsparteien gewesen sein kann, eine ganze Berufsgruppe zu diskreditieren [...], nicht unbedingt des Geldes, sondern hauptsächlich der Wertschätzung für ihre Arbeit."

Uta Brenner fordert die Verantwortlichen bei Siemens daher im Namen der betroffenen Beschäftigten auf, ihre Einstellung zu den Eingruppierungen zu überdenken und gemeinsam für eine sachgerechte und vorurteilslose Eingruppierung zu sorgen - "und zwar im Sinne der Firma: damit wieder Vertrauen geschaffen wird und die Gruppe der bisher loyalsten Mitarbeiterinnen wieder in Ruhe und mit Engagement ihre bewährte Arbeit leisten kann!"