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03.07.2024, 22:07 Uhr

Kritik am gläsernen Arbeitnehmer

  • 11.01.2010
  • Allgemein

Deutsche Bahn, Lidl, Telekom, Schlecker - zahlreiche Datenschutzskandale haben in den vergangenen Monaten die Sensibilität gegenüber dem Umgang mit Daten erhöht - Pech für "Elena", den zum ersten Januar gestarteten elektronischen Entgeltnachweis. Auf Grundlage eines Beschlusses aus dem Jahr 2008 werden mit ihm Daten von 40 Millionen Erwerbstätigen zentral gespeichert.

"Elena"-Website: biedere Optik, brisanter Inhalt.

Betroffen sind nicht nur wie bislang im alten Verfahren Art und Höhe der Einkommen, sondern so umfassende wie sensible Arbeitnehmerdaten. Fehlzeiten und deren Ursachen erfasst "<link http: www.das-elena-verfahren.de _blank external-link-new-window>Elena" ausführlich und speichert sie bei der so genannten Zentralen Speicherstelle bei der Deutschen Rentenversicherung in Würzburg - Krankheitsdaten sind ebenso betroffen wie etwa die Teilnahme an einem Streik.

Bedenken von vielen Seiten

Mittlerweile nehmen Bedenken und Kritik an der gesetzlich verordneten Datenzentralisierung überhand. Laut Darstellung des <link http: www.bmwi.de bmwi navigation wirtschaft wirtschaftspolitik _blank external-link-new-window>Wirtschaftsministeriums soll sie eigentlich nur Bürokratie abbauen, ein Signal für Innovation setzen und überhaupt sämtlichen Beteiligten Aufwand und Kosten in Millionenhöhe sparen. Der deutsche Gewerkschaftsbund hingegen äußert erhebliche Bedenken zur der beispiellosen Vorratsspeicherung - und nicht nur er. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar hält die zentrale Speicherung von Streikbeteiligungen oder Fehlzeiten für verfassungswidrig, Politiker vor allem von Linken und Grünen schließen sich an. Die Hauptbefürchtung: Sind derlei umfassende Datenmengen erst einmal zentral aufbereitet und gespeichert, ist es erfahrungsgemäß praktisch nur eine Zeitfrage, bis es zum Missbrauch kommt.

Von der Leyen rudert zurück

So recht verteidigen mag selbst die zuständige Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) die ungeliebte "Elena" mittlerweile nicht mehr: "Ich nehme die Kritik an der Datenerfassung ernst", erklärte sie zum Start des Systems. Gedacht sei nun unter anderem an ein gesetzliches Anhörungsrecht für Arbeitnehmervertreter, wenn über den Inhalt der zu erhebenden Daten entschieden werde, und: "Streikzeiten müssen nicht als solche erfasst werden." Unklar ist, wie die Formulierung "müssen" zu verstehen ist. Vermutlich wird sich auch damit der "Elena"-Beirat befassen, dem auch der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und Gewerkschaftsvertreter angehören. Das Gremium soll noch im Januar alle zur Speicherung vorgesehenen Daten auf ihre "zwingende Notwendigkeit" überprüfen.