Siemens Dialog
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03.07.2024, 16:07 Uhr

Kündigungsschutz im Visier

  • 28.08.2009
  • Allgemein

Kurz vor der Bundestagswahl schwelt ein Konflikt zwischen den potenziellen Koalitionären Union und FDP. Es geht um den Kündigungsschutz, den Wirtschaftsvertreter unter Vorwand der Krise wieder einmal 'flexibilisieren' wollen. Klappt das Vorhaben, droht Arbeitnehmern unter einer schwarz-gelben Koalition womöglich 'Flexibilisierung' bis zum Jobverlust.

(Foto: CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag)

Trommeln gegen den Kündigungsschutz

Das '<link http: www.handelsblatt.com politik deutschland _blank external-link-new-window>undefinedHandelsblatt' fasst die Situation treffend zusammen: "Die deutsche Wirtschaft trommelt für einen neuen Anlauf zur Lockerung des Arbeitsrechts – und setzt das Reizthema Kündigungsschutz neu auf die Tagesordnung." Auf das Krisenmanagement müssten nun weitere Schritte folgen, "damit bei einer konjunkturellen Trendwende möglichst rasch ein beschäftigungswirksamer Aufschwung entstehen kann", zitiert die Zeitung den Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau, Hannes Hesse, und: "Dazu gehört eine Flexibilisierung des starren Kündigungsschutzes, denn dieser ist ein wesentliches Hemmnis für die Unternehmen, Mitarbeiter zügig wieder einzustellen."

Da trommeln auch andere gerne mit. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) etwa droht in einem Positionspapier, das derzeitige Recht sei "aufgrund seiner Unkalkulierbarkeit ein Beschäftigungshemmnis". Die Argumentation ist seit langem sattsam bekannt, und ebenso durchsichtig: Wer nicht nach Belieben feuern kann, der mag auch nicht heuern - das zumindest behaupten die Arbeitgeber-Lobbyisten.

Konzertierte Aktion

Es ist wohl kein Zufall, dass fast zeitgleich Gesamtmetall-Chef Martin Kannegiesser ( im '<link http: www.focus.de finanzen news konjunktur metall-und-elektroindustrie-arbeitgeber-erwarten-pleiten-und-entlassungen_aid_430008.html _blank external-link-new-window>undefinedFocus') so sinistre Prognosen in die Welt hinaus unkt, wie man es sonst nur aus Tarifrunden kennt. Gesamtmetall rechnet nach seinen Worten trotz anziehender Konjunkturdaten mit Firmenpleiten und schließt Entlassungen explizit nicht aus. Die Firmen wollten ihre Mitarbeiter zwar möglichst lange durch die Krise bringen, wäscht Kannegiesser seine Hände in Unschuld, könnten ihre "Arbeitskräfte aber nicht horten".

Regionale Verbände ziehen gleichfalls mit. Die <link http: www.vbw-bayern.de _blank external-link-new-window>undefinedVereinigung der Bayerischen Wirtschaft etwa verbreitet seit Juli "Zwölf Handlungsfelder für eine Modernisierung des Arbeitsrechts". Der bayerische IG Metall-Bezirksleiter Werner Neugebauer nennt die Reformvorschläge anders: "ein übler neoliberaler Wunschkatalog", in dem neben längeren Befristungen, mehr Leiharbeit und drastischer Einschränkung der Mitbestimmung auch tiefe Einschnitte in den Kündigungsschutz nicht fehlen. Als Pseudo-Begründung muss auch hier die völlig unbelegte Behauptung herhalten, der Kündigungsschutz würde die Schaffung von 40.000 Arbeitsplätzen verhindern.

Alte Konzepte neu aufgelegt

Die breit angelegte Attacke auf Arbeits- und insbesondere Kündigungsrecht entspricht im wesentlichen früheren Konzepten von Union und FDP, die jedoch unter der großen Koalition nach einigem Hin und Her in den Schubladen verschwanden. Dort haben die FDP und ihre Klientel sie nun wieder herausgeholt, und damit die Union in eine Klemme gebracht. Angela Merkel und Horst Seehofer nämlich haben der Lockerung des Kündigungsschutzes eigentlich bereits eine Absage erteilt; andererseits kann man es sich mit dem Wunschpartner FDP nicht völlig in einer Frage verderben, die bei diesem weit oben auf der Agenda steht.