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03.07.2024, 21:07 Uhr

Mitbestimmung "notwendiges Korrektiv"

  • 12.09.2005
  • Allgemein

Der Zweite IG Metall-Vorsitzende Berthold Huber fordert mehr Arbeitnehmereinfluss in den Aufsichtsräten als "notwendiges Korrektiv gegenüber oft völlig übersteigerten Renditeerwartungen".

Berthold Huber: mehr Mitbestimmung statt weniger.

Im Rahmen einer Mitbestimmungskonferenz von IG Metall und Hans-Böckler-Stiftung am achten September äußerte Huber in Frankfurt deutliche Worte: Mitbestimmung sei "ein notwendiges Korrektiv gegenüber oft völlig übersteigerten Rendite-erwartungen" und bilde die Grundlage guter Unter-nehmensstrategien für Innovations- und Investitions-konzepte. Nur so habe man in einer zunehmend wissens-basierten Ökonomie die Chance, Arbeitsplätze zu sichern und zu schaffen.

Um fehlerhafte Unternehmensentwicklungen besser abzuwehren, sollte die Mitbestimmung mit der Abschaffung des doppelten Stimmrechts des Vorsitzenden in inneren Angelegenheiten des Aufsichtsrates laut Huber sogar ausgebaut werden. Außerdem forderte er einen verbindlichen Mindestkatalog zustimmungspflichtiger Geschäfte und plädierte für größtmögliche Transparenz bei den Vergütungen von Vorständen, Geschäftsführern und Aufsichtsräten.

Die Behauptung von Mitbestimmungsgegnern, das deutsche System hebe sich zu sehr von anderen Ländern ab, bezeichnete Huber mit Hinweis auf eine Studie des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung als falsch; sie kam unter anderem zu dem Schluss, dass vor allem die neuen EU-Betrittsländer sich stark am deutschen Mitbestimmungsmodell orientieren (<link http: www.boeckler.de cps rde xchg sid-3d0ab75d-37fede6c hbs hs.xsl _blank>Info). Auch das Argument, die Mitbestimmung sei ein Hemmschuh für ausländische Investitionen, wird durch die Praxis entkräftet: Rund 30 Prozent der mitbestimmten Unternehmen in Deutschland gehören direkt oder indirekt ausländischen Konzernen.

Um dem breiten Angriff auf die Mitbestimmung entgegenzutreten, hat die IG Metall die Offensive "<link http: www.igmetall.de cps rde xchg sid-0a342c90-1511e4de internet style.xsl view_3194.htm _blank>Unternehmen Mitbestimmung" beschlossen. Hintergrund ist der langsame Schwund eines breiten gesellschaftlichen Konsens für die Mitbestimmung, wie er bei Einführung des Mitbestimmungsgesetzes von 1976 noch unzweifelhaft herrschte: Ausgerechnet der damalige  FDP-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Mischnik erklärte in diesem Zusammenhang, "der gleiche Staatsbürger, der Gesetzgebungsorgane wählt, auf die Bildung seiner Regierung Einfluss nehmen kann [...], darf als Wirtschaftsbürger nicht wieder zum Untertanen degradiert werden" - Worte, die man zwanzig Jahre später von seinem Nachfolger Rainer Brüderle, gewiss nicht zu hören bekommen wird (siehe Gemeinsam gegen Tarifautonomie).