Siemens Dialog
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03.07.2024, 22:07 Uhr

"Siemens handfest in die Pflicht nehmen"

  • 12.10.2006
  • Konzern

Im Vorfeld des "Runden Tisches" für BenQ mahnt die IG Metall, sich nicht auf Siemens' Interesse an einer Gewissenserleichterung und schneller Abwicklung, anstatt auf Möglichkeiten zur Fortführung des Geschäfts zu konzentrieren.

Oliver Burkhard vom Funktionsbereich Tarifpolitik des IG Metall Vorstands unterstrich am Mittwoch in Frankfurt, was bereits mehrfach von der Belegschaft und ihren Vertretern geäußert wurde: "Aus unserer Sicht müssen die Chancen zur Fortführung im Vordergrund stehen." Hinsichtlich des Treffens am Donnerstag könne er sich folglich "nicht vorstellen, dass es zu irgendeiner Festlegung kommt. Dafür müssten im Gespräch Perspektiven für eine mögliche Fortsetzung des Geschäfts." Mit Blick auf den kurzen seit der Insolvenzankündigung verstrichenen Zeitraum ergänzte Burkhard, es sei außerdem "zu wenig Zeit vergangen, um sich bereits auf einen einzigen Lösungsweg festzulegen." Zuerst müsse man prüfen, ob es keinen Investor gebe, der sich für einzelne Teile der deutschen BenQ wie etwa die Produktion oder die Entwicklung interessiere. Mögliche Interessenten seien Handyhersteller, Finanzinvestoren und Unternehmen auf der Suche nach einer eigenen Produktion.

"Siemens handfest in die Pflicht nehmen", Ergänzungstarif aufheben

Zu Siemens' Verantwortung für seine ehemaligen Beschäftigten wies Burkhard auf die Überleitungsvereinbarung zwischen Siemens und dem Gesamtbetriebsrat von 2005 hin. Sie legt unter anderem fest, dass im Fall von Arbeitsplatzverlusten der damals ausgehandelte Siemens-Sozialplan greift. Kurioserweise sollte allerdings BenQ die Kosten tragen, die Taiwaner haben jedoch nach derzeitigem Kenntnisstand der IG Metall diese Vereinbarung nicht unterschrieben. Unter diesem Aspekt sei die Überleitungsvereinbarung also "sehr geeignet, Siemens nicht nur wie bisher moralisch, sondern auch handfest in die Pflicht zu nehmen" - das würde rechtliche Schritte bedeuten.

Den 2004 noch mit Siemens geschlossenen Ergänzungstarifvertrag will die IG Metall laut Burkhard aufheben: "Wo das Unternehmen keine Garantien für die Beschäftigten mehr gibt, kann es keinen Verzicht der Beschäftigten mehr geben." Insolvenzverwalter Martin Prager habe Bereitschaft zu diesem Schritt signalisiert, mit dem die unbezahlte wöchentliche Mehrarbeit entfiele und die Mitarbeiter wieder Urlaubs- und Weihnachtsgeld bekommen würden.

Den von Siemens zugesagten Hilfsfonds bewertet Burkhard als unzureichend, sollte es tatsächlich zu einer Beschäftigungsgesellschaft kommen: "Es braucht einen weitaus höheren Betrag für eine eventuell notwendige Transfer- und Beschäftigungsgesellschaft. Die 35 Millionen reichen bei weitem nicht. Offensichtlich will sich Siemens von seinen Verpflichtungen freikaufen." Nach Schätzungen des Insolvenzverwalters wären für einen Insolvenz-Sozialplan etwa 100 Millionen Euro zu veranschlagen.

Kamp-Lintforter stellen sich auf Durchhalten ein

Parallel zu Gesprächen und der am Donnerstag in München stattfindenden Beschäftigtenversammlung des Insolvenzverwalters Martin Prager bereitet sich die Konflikterprobte Kamp-Lintforter Belegschaft auf eine längere Auseinandersetzung vor. Ein am Dienstag eingeweihtes "Solidaritätszelt" dient als zentrale Anlaufstelle der Beschäftigten, an deren Arbeitsplätzen bereits seit Tagen alole sruht. Hier empfängt man Gäste und Abordnungen, außerdem finden zahlreiche gemeinsame Aktionen statt - Aufgeben gilt eben nicht, wie auch das Plakat nahe dem Zelt (Foto oben) unmissverständlich klarmacht.