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03.07.2024, 17:07 Uhr

Christliche Zeitarbeitsgewerkschaften nicht tariffähig

  • 08.12.2009
  • Allgemein

Die Christlichen Zeitarbeit-Gewerkschaften können nach einem Beschluss des Berliner Landesarbeitsgerichts keine Tarifverträge mit Arbeitgebern abschließen. Arbeitgeber lamentieren daraufhin über einen "schwarzen Tag für die deutsche Wirtschaft und den Arbeitsmarkt", die DGB-Gewerkschaften begrüßen die Entscheidung als "Riegel vor Gefälligkeitstarifverträge".

Helga Schwitzer

Gunter Smits (CGZP)

Das Gericht wies am Montag in zweiter Instanz die Beschwerde der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (<link http: www.cgb.info organisation zeitarbeit.php _blank external-link-new-window cgzp>undefinedCGZP) zurück und urteilte erneut, diese sei nicht tariffähig (Az.: 23 TaBV 1016/09). Die Entscheidung reiht sich in eine Liste herber Rückschläge für die "Christlichen" ein, die nicht von ungefähr vielerorts unter Verdacht stehen, im Gegensatz zu den DGB-Gewerkschaften das Lohnniveau für Leiharbeiter und andere Branchen mit bemerkenswert arbeitgeberfreundlichen Tarifverträgen zu drücken.

Keine Durchsetzungskraft gegenüber dem Tarifgegner

Das Berliner Arbeitsgericht hatte im April die CGZP bereits in erster Instanz für nicht tariffähig erklärt und damit einer Feststellungsklage von Ver.di und der Berliner Senatsverwaltung für Arbeit stattgegeben. Ein wesentlicher Faktor war wie schon zuvor in ähnlichen Verfahren der Mangel der "Christlichen" an der erforderlichen "Sozialmächtigkeit", laut Bundesarbeitsgericht als Durchsetzungskraft gegenüber der tariflichen Gegenseite zentrales Merkmal der Tariffähigkeit.

Signal für die Beschäftigten

Der Deutsche Gewerkschaftsbund begrüßte den Beschluss, der seine Auffassung bestätigt, dass die CGZP über Jahre reine Gefälligkeitstarifverträge abgeschlossen hat. Berlins Arbeitssenatorin Bluhm bewertete die Entscheidung als wichtiges Signal für Beschäftigte in der Leiharbeit. Die IG Metall erklärte in einer Pressemitteilung: "Den Gefälligkeitstarifverträgen der Christlichen Gewerkschaften wird nun endlich ein Riegel vorgeschoben." Helga Schwitzer, geschäftsführendes Vorstandsmitglied, ergänzte: "Wer um des Profit Willens auf Scheintarifverträge setzt, war schon immer schlecht beraten und muss sich nun auf umfangreiche Nachzahlungen einstellen."

Rückwirkende Entgeltforderungen möglich

Gemeint sind zahlreiche Klagen von Leiharbeitnehmern, die auf Grundlage unwirksamer CGZP-Tarife entlohnt werden. Nach dem Urteil der Berliner Richter können sie nun Anspruch auf das gleiche Entgelt eines vergleichbaren Stammbeschäftigten erheben - und zwar rückwirkend bis zu drei Jahren.

Lamentieren bei den Arbeitgebern

Lautes Lamentieren kam erwartungsgemäß nur aus der Ecke derer, denen das Urteil eine äußerst bequeme Praxis verhagelt. Die CGZP sieht mit dem Urteil "die Prüfungsmaßstäbe zur Gewerkschaftseigenschaft [...] vom LAG-Berlin-Brandenburg vollständig über den Haufen geworfen worden", schimpfte ihr Vorsitzender Gunter Smits. Peter Mumme, Präsident des Arbeitgeberverbandes Mittelständischer Personaldienstleister, beschwörte seinerseits flugs einen "schwarzen Tag für die deutsche Wirtschaft und den Arbeitsmarkt". Müssten alle Personaldienstleister das Gleiche zahlen, so seine finstere Prognose, würden im Bereich der Niedrigqualifizierten 100.000 Arbeitsplätze wegfallen - ein Kommentar erübrigt sich.