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03.07.2024, 17:07 Uhr

Umdenken gefordert

  • 08.10.2009
  • Allgemein

Eine "beunruhigende Gesundheitssituation in der IT-Industrie" konstatiert ein aktuelles Forschungsprojekt des Münchner Instituts für Sozialwissenschaftliche Forschung. Viele IT-Beschäftigte erleben sich an der Grenze ihrer Belastbarkeit. Experten fordern gesundheitsfördernde Maßnahmen, um die Branche vor dem drohenden Burn Out zu bewahren.

Das Münchener <link http: www.isf-muenchen.de _blank external-link-new-window>undefinedISF erforscht, unterstützt vom <link http: www.bmbf.de _blank external-link-new-window>undefinedBundesministerium für Bildung und Forschung und dem Europäischen Sozialfonds, in seinem Projekt <link http: www.diwa-it.de projektbeschreibung.php _blank external-link-new-window>undefinedDIWA-IT seit längerem die Arbeitsbedingungen in der IT-Branche. Der Wandel der Beschäftigtenstruktur rückt das Thema hier zunehmend in den Vordergrund: "Es zeichnet sich ab, dass der Altersstrukturwandel auch in der 'jungen' IT-Wirtschaft eine Herausforderung für die zukünftige Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit darstellt."

Leistungsverdichtung und generelle Zunahme von Unsicherheiten

Bei einem Workshop definierten die Forscher am sechsten Oktober in München gemeinsam mit Beratern, Unternehmen und Interessenvertretungen Handlungsfelder für eine nachhaltige Gesundheitsförderung. Die Belastungssituation für IT-eschäftigte hat sich in den letzten Jahren spürbar verschärft. Es ist eine "grundlegend neue Belastungskonstellation" entstanden, bestimmt von wachsender Leistungsverdichtung, den Paradoxien neuer Management-Konzepte, einer Veränderung der betrieblichen Sozialordnungen und der generellen Zunahme von Unsicherheiten geprägt ist. Siemens- beziehungsweise SIS-Beschäftigte können vermutlich gut nachvollziehen, was mit diesem Punkt gemeint ist.

Überdurchschnittliche Belastungen

Die Forschungsergebnisse jedenfalls sind alarmierend: Fast die Hälfte der befragten Beschäftigten klagt über starke oder sehr starke Belastung durch Zeitdruck und Arbeitsaufkommen klagt; unter hochqualifizierten Beschäftigten liegt dieser Wert branchenübergreifend unter 30, bei allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland 'nur' bei gut 23 Prozent. Speziell wenn alle genannten Faktoren zusammenkommen, wirkt sich dies massiv auf die Gesundheit aus: Mehr als 50 Prozent der Befragten gaben an, dass sie sich selbst immer wieder an der Grenze ihrer Belastbarkeit erleben - oder sie in Form eines gesundheitlichen Zusammenbruchs schon einmal überschritten haben.

Umdenken für die Arbeitsbedingungen

Die Wissenschaftler betonen gestützt auf langjährige Forschungsergebnisse in der IT-Industrie, dass es sich dabei keinesfalls um eine kurzfristige Belastungsspitze handelt, die man 'aussitzen' könnte. Um das 'Ausbrennen' von Leistungsträgern der IT-Wirtschaft zu verhindern, muss nach ihrer Überzeugung die Gesundheitsförderung vom Randthema zu einem integralen Bestandteil der Unternehmenspolitik und der Organisationsentwicklung werden. Im Mittelpunkt stehen fünf Handlungsfelder:

+ kontinuierliches Monitoring der Gesundheitssituation
+ eine Kultur der Verbesserung der Arbeitsprozesse
+ zielgruppenorientierte Maßnahmen für die Führungskräfte, die besonders stark unter Belastung leiden und zugleich eine 'Gatekeeper'-Funktion für Führungskultur und Gesundheitsförderung innehaben
+ Förderung der Ressource Teamkultur
+ lebensphasensensible Personalentwicklung, die besonders die Bedürfnisse von Beschäftigten in der Familienphase sowie von älteren Beschäftigten berücksichtigt