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03.07.2024, 23:07 Uhr

Arbeitgeberangebot "unanständig"

  • 31.10.2008
  • Allgemein

Nach langem Zaudern haben die Arbeitgeberverbände in der laufenden Tarifrunde ein Angebot auf den Tisch gelegt: 2,1 Prozent Erhöhung und einmalig 0,8 Prozent wollen sie zugestehen. Bei den Arbeitnehmern in den Betrieben und den Verhandlungskommissionen stoßen sie damit auf geschlossene Ablehnung - die Reaktionen reichen von "Mogelpackung" über "Arbeitskampf von oben" bis zu "unanständig".

Mit diesem Stand der Verhandlungen endet am Freitag die Chance, noch innerhalb der Friedenspflicht zu einer Annäherung zu kommen, die als Basis zu einer Einigung am Verhandlungstisch hätte dienen können - um 24 Uhr endet die Friedenspflicht. Der erste Vorsitzende der IG Metall, Berthold Huber, hatte bereits gegenüber der "Bild"-Zeitung erklärt, wie es nun wohl weitergehen muss: "Wir wollen eine friedliche Lösung, aber wir werden einem Arbeitskampf nicht aus dem Weg gehen. Erste Warnstreiks wird es in der Nacht zu Samstag geben. Von Montag an folgt die eigentliche Welle – das ist nur eine Warnung. Nach einer Urabstimmung Mitte November könnte richtig gestreikt werden."

"Mogelpackung" ...

In Baden-Württemberg hatte IG Metall-Bezirksleiter Jörg Hoffmann das Angebot als "Mogelpackung" bezeichnet. In der Tat scheint es mathematisch mehr als abenteuerlich, bei einer Erhöhung von 2,1 und einer Einmalzahlung von 0,8 Prozent von einem Angebot im Gesamtvolumen von 2,9 Prozent zu sprechen - hoffentlich ist man bei den Bilanzen etwas genauer. Dass die Rechnung dennoch zumindest teilweise aufgeht, zeigt die Berichterstattung vieler Medien, die das Zahlenspiel widerstandslos übernehmen und von einem 2,9 Prozent-Angebot schreiben.

... "Lachnummer" und "Anmaßung"

In Bayern, wo die Verhandlungen am Freitag unter diesen Vorzeichen nach kurzer Zeit abgebrochen wurden, nannte IG Metall-Bezirksleiter Werner Neugebauer die Vorlage der Arbeitgeber "kein Angebot, sondern Arbeitskampf von oben". Die Einmalzahlung, mit der man die knickrige Erhöhung offenbar etwas für die Öffentlichkeit schönen will, nannte er eine "Lachnummer angesichts der gigantischen Ergebnisse der Branche in 2008." Die eigentlich entscheidende Zahl von 2,1 Prozent, das lässt sich mit einem Blick auf die Zahlen des statistischen Bundesamtes schnell ermitteln, gleicht nicht einmal die Preissteigerung aus. In Nordrhein-Westfalen, wo am selben Tag verhandelt wurde, kritisierte IG Metall-Bezirksleiter Oliver Burkhard, das Angebot werde der wirtschaftlichen Kraft der Branche nicht gerecht und sei eine "Anmaßung".

Vorher sauer, jetzt stinksauer

Parallel zu den bayerischen Verhandlungen in Bamberg hatten Beschäftigte aus der Region vor dem Verhandlungslokal für ihre Forderung von acht Prozent demonstriert. Bei der Kundgebung machte Neugebauer ihrem wie seinem Ärger Luft: "Bisher waren wir sauer, dass der VBM kein Angebot vorlegt hat. Wir kennen nun das Angebot. Jetzt sind wir stinksauer."

Ein unanständiges Angebot

Berthold Huber hatte am Vortag gegenüber der "Bild"-Zeitung, die ebenfalls unreflektiert von "2,9 Prozent mehr Lohn" spricht, die Position der IG Metall zusammengefasst: "Dieses Angebot der Arbeitgeber ist unanständig, weil es für die Arbeitnehmer Reallohnverlust bedeutet. Es ist verantwortungslos, weil es die Konjunktur abwürgt. So kann der Konflikt nicht gelöst werden. Ohne Arbeitsniederlegungen sehe ich keine Lösung."

Huber begründete die Forderung von acht Prozent zum einen mit der Leistung der Beschäftigten, zum anderen mit der dringend erforderlichen Stärkung der Binnennachfrage: "Lohnzurückhaltung wäre gefährliches Gift für Wachstum und Konjunktur!" Von den Arbeitgeber geschürte Befürchtungen, ein hoher Tarifabschluss verstärke womöglich einen drohenden Abschwung, wies er erneut zurück: "Wir sollten uns nicht selber ins Loch reden. Die Metall- und Elektroindustrie steht weiter glänzend da. Die Gewinne sind in vier Jahren um 220 Prozent gestiegen."

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