Siemens Dialog
https://www.dialog-igmetall.de/nachrichten/altersteilzeit-der-druck-steigt
03.07.2024, 19:07 Uhr

Altersteilzeit: Der Druck steigt

  • 17.06.2008
  • Allgemein

BDA-Präsident Dieter Hundt, so ist zu hören, findet es "unverantwortlich, qualifizierte und erfahrene Mitarbeiter im besten Alter aus dem Job zu drängen." Damit hat er im Prinzip sicher Recht - seltsam nur, dass er dies in Zusammenhang mit der Debatte um eine Neuregelung der Altersteilzeit von sich gibt.

Die "Bild"-Zeitung, selbsternannter "Anwalt der kleinen Leute", stellte sich als Forum für die Äußerungen des Präsidenten der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) zur Verfügung. Hundt warnte die IG Metall und die SPD vor "schwerwiegenden Folgen für Unternehmen und Beschäftigte."

Worum geht's?

Die Arbeitgeber beharren in den derzeit laufenden Verhandlungen auf Zugangskriterien zur Altersteilzeit, die die Zahl der Anspruchsberechtigten in den Promille-Bereich schrumpfen würde. Die IG Metall fordert, dass grundsätzlich jeder Beschäftigte einen Anspruch auf Basis einer erzwingbaren Betriebsvereinbarung bekommt; nach wie vor sollen bis zu fünf Prozent dies realisieren können. Das Entgelt während der Arbeitszeit soll wie bisher aufgestockt, allerdings für die unteren Lohngruppen verbessert werden. Die Altersteilzeit soll bis zu sechs Jahre dauern. Die SPD stützt ein Modell, das ebenfalls die geförderte Altersteilzeit vorsieht; CDU und CSU mauern, geraten aber bereits in die Kritik ihrer eigenen Arbeitnehmerflügel.

Verdrehte Argumente...

"Angesichts des Fachkräftemangels und der sinkenden Zahl von Schulabgängern benötigen wir in den Betrieben Junge und Ältere", erklärte Hundt weiter - da mag man ihm rückhaltlos zustimmen. Ein Blick auf die Forderungen der Arbeitnehmerseite und die Realitäten am Arbeitsmarkt zeigt allerdings schnell, dass eine Altersteilzeitregelung dem keinesfalls widerspricht.

Im Gegenteil. Angesichts massiver Probleme, mit über 50 Jahren noch und als Schulabgänger schnell Arbeit zu finden, ist es absurd, das Angebot eines vorzeitigen Ausstiegs aus dem Erwerbsleben darzustellen, als würde es die heutige Alterstruktur über den Haufen werfen. Geradezu infam irreführend ist auch die Formulierung "aus dem Job zu drängen". Hundt suggeriert damit einen Zwang, wo eine Möglichkeit gefordert ist; sollte ein hart arbeitender Beschäftigter im Schichtdienst unbedingt bis zum 67. Lebensjahr weitermachen wollen, macht keine wie auch immer geartete Regelung zur Altersteilzeit ihm das streitig.

... die niemand glaubt

Vor diesem Hintergrund klingt die Aufforderung des BDA-Präsidenten an die IG Metall, "ihre Mitglieder nicht mit falschen Parolen in einen Arbeitskampf zu führen", mehr als scheinheilig. Das sehen offenbar auch mittlerweile über 160.000 Betroffene so, die bis zum 16. Juni mit Warnstreiks und Aktionen in allen Tarifbezirken für eine neue Altersteilzeit eintreten.

Bis zu einem akzeptablen Ergebnis in den Verhandlungen wird sich dieser Druck noch verstärken. Auch Siemensianer sind dabei, beispielsweise in Nürnberg: Dort werden am Mittwoch Vormittag mehrere Tausend TeilnehmerInnen aus über 30 Betrieben zu einer zentralen Protestaktion der IG Metall für eine neue Altersteilzeit und gegen die Blockadehaltung der Arbeitgeber erwartet.